Sonntag, 08.11.1999 (achter Tag)

Der Weckdienst klingelt schon zehn Minuten vor eins. Ist mir aber egal, ich bin ja sowieso wach und habe auch meinen Koffer schon gepackt. Das ist auch gut so, denn pünktlich um eins wird der abgeholt. Tolle Planung. Wie machen das die, die wirklich geschlafen haben ?
Ich stelle fest, daß sich meine Muskeln auch ohne Schlaf auf dem Bett genügend entspannen konnten, um jetzt völlig verkrampft zu sein.

Statt Frühstück bekommt jeder von uns ein Lunchpaket. Ich öffne es kurz und beschließe dann, die Schachtel in der Hotelhalle zu vergessen.
Die anderen Mitreisenden wundern sich darüber, daß wir so wach sind. Könnte das daran liegen, daß wir bei der Feier gestern dem kostenlosen Alkohol nicht so sehr zugesprochen haben ? Allerdings frage ich das lieber nicht. Die roten Augen dieser Leute sind schon Bestätigung genug.

So schnell es geht werden wir in den Bus verfrachtet, damit wir unseren Flug keinesfalls verpassen. Nochmals zur Erinnerung. Ursprünglich sollten wir um 6:30 Uhr fliegen. Das wurde auf 4:30 Uhr vorverlegt. Nach einer "kurzen" Wartezeit am Flughafen heben wir dann auch tatsächlich nahezu fast pünktlich um 6:40 Uhr ab. Jetzt weiß ich auch, warum Egypt Air in Ägypten Inschallah-Air genannt wird. Inschallah heißt "So Gott will". Damit meinen die aber nicht "So Gott will landen wir wieder gut", sondern "So Gott will starten wir irgendwann mal".
Wenigstens haben wir beim Boarding noch ein Unterhaltungsprogramm. Eine Gruppe Studenten hat die gelben Zettel, die wir bei der Ausreisebehörde bekommen haben und jetzt abgeben sollen, inzwischen schon weggeworfen. Und die führen sich jetzt auf, weil sie die Anträge nochmals ausfüllen müssen. Ihr Protest ist energisch, aber sinnlos.

Ich kann im Flugzeug fast nicht schlafen. Die Stewardess teilt das Essen aus. Ich hebe die Alufolie von der Schale, werfe einen Blick darunter und befestige sie wieder gut. Hoffentlich kann das da drin nicht raus.
Ich suche in meinem Rucksack nach dem Buch, das ich in der letzten Nacht schon gelesen habe. Es liegt offensichtlich noch in meinem Bett in Kairo. Nicht gut.
Die Cassetten in meinem Walkman eiern. Das ist so, seit sie drei Stunden lang "am Ende von Gang" im Koffer in der Sonne vor sich hingelitten haben.
Gegen halb neun fliegen wir über Nürnberg. Sonniges Wetter. Zum Glück. Wir dachten schon, wir hätten Kälte und Regen oder so. Das haben wir dann aber doch bei unserer Landung in Frankfurt. Während wir mit dem Flugzeug etwa eine halbe Stunde lang einen Parkplatz suchen, unterhält uns der Kapitän mit lustigen Sprüchen wie zum Beispiel "Draußen hat es vier Grad".

Die Zollbeamten fangen doch tatsächlich an, den Koffer eines unserer Mitreisenden zu durchsuchen. In den Gesichtern so manch anderer sehe ich daraufhin Spuren leichter Panik. Aber zum Glück belassen es die Herren in Grün bei dem einen Koffer.

Unser Busfahrer hat netterweise trotz Sauwetter geduldig auf uns gewartet. Allerdings haben wir bei der Rückfahrt auf der Autobahn fast eine dreiviertel Stunde Stau wegen eines Unfalls. Während eines kurzen Stops an einer Raststätte (damit die Leute, die abgeholt werden, daheim anrufen können) kaufe ich mir endlich etwas zu essen. Schließlich hatte ich seit der Feier gestern Abend nichts mehr.
Während ich die weitere Strecke im Dämmerzustand verbringe, hat Geli ihr Tagebuch beendet und will, daß wir alle sechs zum Abschluß darin unterschreiben. Ich habe keine Lust. Ich will schlafen. Außerdem hat sich mich schon wieder mit Jürgen angeredet. Soll der doch unterschreiben.

Um 14:45 Uhr kommen wir endlich glücklich daheim an. Mias Mann begrüßt uns mit den Worten "Ihr seid ja gar nicht braun geworden".
Scherzkeks. Wir könnten so braun sein wie wir wollen, übernächtigt wie wir sind, hätte trotzdem keiner mehr Farbe im Gesicht. Ich verabschiede mich von den anderen und transportiere meinen Koffer nach Hause. Natürlich bin ich jetzt wieder wach.
Also räume ich noch ein großes Fach im Wohnzimmer aus, in dem ich meine Andenken gruppiere. In einer flachen Schale der Wüstensand mit den Alabasterpyramiden, dahinter das Isis-Relief und daneben der Obelisk. Sehr schön.
Gegen 16 Uhr holt mich die Müdigkeit wieder ein. Ich rechne nach. Wow, ich bin jetzt mit Zeitverschiebung schon seit 37 Stunden fast nahtlos wach. Kein Wunder, daß ich langsam schlappmache. Ich beschließe, nun doch endlich ins Bett zu gehen.
Ich weiß, daß ich bei der nächsten Ägyptenreise unserer VHS in zwei Jahren wieder dabei bein. Geht gar nicht anders.
Beim Einschlafen sehe ich noch die Pyramiden vor mir.

Der Urlaub war absolut genial.