Montag, 16.06.2003 (erster Tag):
 
Der Tag beginnt damit, dass mich mein Wecker um 6 Uhr aus dem Tiefschlaf holt. Und da ich als 7-Monats-Arbeitsloser daran gewöhnt bin, jeden Tag erst um 9 Uhr aufzustehen, ist das erstmal hart. (Nein danke, kein Mitleid bitte *grins*) Aber was tut man nicht alles für London.

Pünktlich um 7:30 Uhr fahren wir los nach Frankfurt-Hahn. Warum die das „Frankfurt“-Hahn nennen, ist mir schleierhaft. Dieser Flughafen mitten im Hunsrück hat mit Frankfurt ungefähr so viel zu tun wie McDonalds mit gutem Essen. Dummerweise liegt Hahn ungefähr 350 km von daheim entfernt (was dann auch die unmenschliche Aufsteh-Zeit erklärt, wenn man bedenkt, dass das Flugzeug erst um 13:35 Uhr abfliegt). Aber einen näher gelegenen Flughafen hat RyanAir halt irgendwie nicht.
Abgesehen davon, dass außer uns offensichtlich niemand vernünftig Auto fahren kann und wir deshalb zu einigen Vollbremsungen auf der Autobahn gezwungen werden, passiert während der Fahrt nichts Erwähnenswertes.
Nach gut 3 Stunden kommen wir am Flughafen an, geben unser Gepäck ab und warten dann 2 Stunden darauf, dass wir ins Flugzeug dürfen. Und hier kommt die erste Überraschung bei RyanAir. Da gibt es beim Check-In keine Sitzplatznummern, sondern jeder sitzt wo er will. Komischerweise durfte ich dann aber doch nicht im Cockpit sitzen.
Meine Schwägerin Brigitte hat sich schon vor dem Einsteigen mit einem Piccolo gegen ihre Flugangst gedopt. Und als beim Start eines der Triebwerke wirklich komische (Rasenmäher-ähnliche) Brumm-Geräusche von sich gibt, kommt noch ein halber Piccolo hinterher. Die Frau ist gut ausgerüstet. Sicherheitshalber beauftragen wir meinen Bruder Gerhard damit, während des Fluges das verdächtige Triebwerk gut im Auge zu behalten und sofort Alarm zu schlagen, wenn es abfällt.
Da es aber glücklicherweise doch durchhält, landen wir etwa 50 Minuten später in London Stansted.

Wir sammeln unsere Koffer ein und machen uns auf die Suche nach dem „Standsted Express“, der uns in die City bringen soll. Nach einigem Suchen finden wir den Bahnhof dieses Zuges irgendwo im Keller des Flughafens.

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Dieser Express macht seinem Namen auch wirklich alle Ehre. Bis ungefähr die halbe Strecke geschafft ist. Dann bleibt der Zug nämlich mitten in der Pampa stehen. Hm. Es kommt auch eine Durchsage des Fahrers (oder Schaffners – wer weiß das schon so genau). Nun ist es aber schon daheim in Deutschland schwer bis unmöglich, eine Lautsprecherdurchsage im Zug zu verstehen. Und dann erst in England. Ich deute in das Kauderwelsch zuerst eine Aussage von „irgendwas, das vor uns auf dem Gleis steht“ hinein. Und als er dann noch weitermurmelt, glaube ich etwas von „red signal problems“ (Probleme mit roten Signalen) zu verstehen. Also gut, warten wir halt. Und siehe da: knapp 10 Minuten später geht’s auch schon weiter.
Bis zu einem bestimmten Punkt kurz vor unserem Endbahnhof „Liverpool Street“. Da stehen wir dann wieder. Aber Abwechslung muss sein, diesmal stehen wir nicht in der Pampa, sondern im Tunnel. Und pflichtbewusst nuschelt der Lautsprecher auch wieder was von seinen „red signal problems“.
Irgendwann kommen wir dann doch noch im Bahnhof an und steigen in die U-Bahn um. Wobei Gerhard immer brav die beiden 15-kg-Koffer schleppt, die sie dabei haben. Es lebe der Trolley zum ziehen …

Nach einer weiteren Viertelstunde Fahrt in einer überhitzten und stickigen U-Bahn erreichen wir unsere Station und beginnen mit dem lustigen „Wir-suchen-unser-Hotel-Spiel“. Bewaffnet mit einem Stadtplan, dem Namen des Hotels (Royal Eagle Hotel) und dem Straßennamen (Craven Road) machen wir uns auf den Weg. Und auch diese Hürde nehmen wir mit Erfolg (und zwei schweren Koffern in den Händen)

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Und siehe da: die Online-Buchung hat wunderbar geklappt, der Check-In im Hotel funktioniert fast genauso reibungslos wie die Sache mit den Tickets am Flughafen. (Abgesehen von der Tatsache, dass sie mir zuerst einen Schrecken einjagen, weil sie meine Reservierung nicht in ihrer Liste finden. Wenn die Dussel mich aber auch unter meinem Vornamen einsortieren statt unter dem Nachnamen …)
Inzwischen ist es 16 Uhr Ortszeit (wir sind also seit 9 ½ Stunden unterwegs).

Nur schnell die Koffer auspacken und ab in die Innenstadt.
Mit der U-Bahn bis „Piccadilly Circus“ und dann habe ich wieder mein „ich-bin-daheim-Gefühl“. Und schlagartig fühle ich mich SAUWOHL.

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Zu Fuß machen wir uns auf den Weg zum „Leicester Square“. Da geht meine sadistische Ader mit mir durch und ich rufe vom Handy aus bei Susi (die mich heftigst um meinen London-Urlaub beneidet) daheim an. Muss ihr doch ein paar London-Geräusche schicken *grins*.

Auf vielfachen Wunsch meines einzigen Neffen Marco gehen wir feudal bei McDonalds zum Abendessen. Danach gucken wir uns noch kurz den „Trafalgar Square“ an, um über „The Strand“ zu „Covent Garden“ zu bummeln.

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Zurück über den Leicester Square (wo ich Postkarten für alle Daheimgebliebenen kaufe) und Piccadilly Circus die „Regent Street“ hinauf zum „Oxford Circus“.

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Für 4 Stunden ein gutes Programm. Zwischendurch stellen wir fest, dass das Wetter hier in London genauso gut ist wie bei uns daheim. Es ist HEISS. Und ich stelle mir zum wiederholten Male die Frage, warum ich Depp eigentlich lange Jeans angezogen habe.
Mit der U-Bahn zurück und bevor wir ins Hotel gehen noch einen kurzen Abstecher in die „Kensington Gardens“ (liegen gleich um die Ecke).

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Im Hotel schreibe ich noch schnell meine Postkarten (mal gucken, wann ich daran denke, sie einzuwerfen. Hoffentlich noch in London. Mit Poststempeln aus Deutschland wäre es schon peinlich).

Und dann mache ich es mir in meinem … ähm … nennen wir es mal „übersichtlichen“ Zimmer noch etwas bequem. Gut, zwischen Schreibtischchen und Bett ist noch genügend Platz, so dass man den Stuhl doch tatsächlich fast vollständig unter dem Tisch herausziehen kann. Der Kleiderschrank ist ideal dafür, darin Klamotten für 4 – 5 Tage unterzubringen. Und das Bett steht freundlicherweise 20 – 30 cm vom Fenster entfernt, so dass man da nachts nicht rausfallen kann. Obwohl die Befürchtung eigentlich unnötig ist. Das Bett hat nämlich eine Matratze von der man eh nicht runterfallen kann, weil man immer in die praktische Kuhle in der Mitte rollt.
Man merkt auch, dass der Bahnhof „Paddington“ in der Nähe ist. Denn in regelmäßigen Abständen rumpelt die U-Bahn unter dem Hotel durch. Die Vibrationen spürt man noch hier, im dritten Stockwerk.
Mist, der erste Tag ist rum.

Nachts:

Ich schlafe. Und zwar, bis ich aufwache, weil mir heiß ist. Also beschließe ich, mich auf die Bettdecke zu legen. Nun haben die Engländer aber so nette Bettdecken, die aus einem Leintuch mit einer leicht kratzigen Flauschdecke obendrauf bestehen. UNTER diesem Kombi-Teil zu liegen ist angenehm (im Sommer halt heiß). Aber DARAUF zu liegen fühlt sich irgendwie … „igitt“ an. Also schiebe ich die Decke komplett zur Seite und schlafe wieder ein.

Beziehungsweise täte ich wieder einschlafen, wenn der Mensch im Zimmer über mir nicht gerade JETZT feststellen würde, dass er Bewegungsmangel hat. Und er läuft hin und her. Und vor und zurück. Und von links nach rechts. Und. Und. Und. Da der Fußboden aus älterem Parkett mit aufgelegtem Teppichboden besteht, quietscht und knarzt es bei jedem Schritt erbärmlich. Mist. Wenn er schon nachtaktiv ist, könnte er dann nicht einfach eine Fledermaus sein ? Die fliegt lautlos.
Irgendwann wird aber sogar mein Obermieter müde und gibt Ruhe. Und ich schlafe endlich wieder ein.

Oder vielmehr: ich schliefe ein, wenn meine Nase nicht gerade jetzt beschlossen hätte, „Mensch ärgere Dich nicht“ mit mir zu spielen. Soll heißen: Sie gibt erstmal scheinheilig Ruhe. Und just in dem Moment, in dem ich befriedigt in den Schlaf kippe, ist mein rechtes Nasenloch dermaßen verstopft, dass es fast weh tut und ich mit einem Schlag wieder glockenwach bin. Okay, Nase putzen, Nasenloch ist wieder frei und das Spiel beginnt von vorne. Müde werden, einschlafen, päng, Nase putzen, abwarten, müde werden ……
3 – 4 Taschentücher später habe ich von meiner Nase endgültig die Nase voll und rücke ihr mit geballter Chemie zu Leibe. Allergietablette kombiniert mit Schnupfenkapsel. Das ist für solche Fälle ein bewährtes Team. Und jetzt zeigt sich der wahre Vorteil des „übersichtlichen“ Zimmers: ich erreiche sowohl die Tabletten als auch meine Wasserflasche bequem vom Bett aus. Weitere 4 – 5 Tempos später hat sich die Nase endlich wieder beruhigt.
Dafür hat der Blödel über mir wieder Wandertag und knarzt rum *stöhn*.
Alles in allem bleiben mir von dieser Nacht (grob geschätzt) 4 – 5 Stunden Schlaf. Es kann nur besser werden.