Der Tag des Castings ist da. Ich habe erstaunlich gut geschlafen. Wundere mich über mich selbst.
Okay, 14 Uhr ist Termin. Ich fahre lieber rechtzeitig los, da man ja nie weiss, was auf der Autobahn so los ist.
Mit Peters Wegbeschreibung finde ich den Weg. Und bin natürlich auch eine Stunde zu früh dran. Okay, wofür hat man denn ein dickes Buch dabei.
Schnell ist die Wartezeit vorbei und ich melde mich am Empfang von KirchMedia. Dort bekomme ich einen netten, dreiseitgen Fragebogen ausgehändigt (hatte Peter am Telefon schon angekündigt) und werde gebeten, etwas zu warten.
Da sich Peter etwas verspätet, beantworte ich im Fragebogen nicht nur die angeforderten fett gedruckten Fragen, sondern auch noch die anderen. Zeit habe ich ja genug. Und es kann ja nix schaden, wenn sie hier a bissl mehr über mich wissen. ;o)
Nachdem ich mit den Fragen durch bin beobachte ich noch etwas das Gewusel im Flur um mich herum.
Und dann kommt Peter mit einem Lächeln auf mich zu und nimmt mich mit ins Nebengebäude zu dem Raum für die Castings. Dort angekommen wird mir erst mal ein Schild mit meinem Namen an die Brust gepappt und ein zweites, noch grösseres Namensschild darf ich anfangs in den Händen halten. Ausserdem wird mir noch ein kleines Mikro angesteckt. Und hier stehe ich nun und gucke in die Videokamera. Und die Kamera guckt grinsend zurück.
Peter beginnt mit ein paar einfachen Fragen zur Auflockerung. So vom Kaliber wie „welche guten Eigenschaften hast du“, „welche schlechten Eigenschaften hast du“, „was macht Dich richtig wütend“ etc. etc. Und dann noch ein nettes Assoziationsspiel (ich sage ein Wort und du sagst, was Dir dazu einfällt)
Als Nächstes kommt ein Rollenspiel, bei dem ich dann gebeten werde, wütend aus mir herauszugehen (ich denke dabei an diverse Szenen bei RAH, bei denen sich die Beteiligten gegenseitig fast an die Gurgel gehen und muss innerlich grinsen). Peter erstellt mit einigen Worten ein Szenario und dann darf ich (vor der Kamera) mich mit ihm (hinter der Kamera) lauthals streiten.
Er unterbricht das Ganze kurz, um mir mitzuteilen, dass ich ruhig noch lauter und persönlicher werden kann (okay, dann vergessen wir halt mal die gute Kinderstube) und nach einigen Minuten wirkt er zufrieden.
Danach kommt eine ruhige Szene, in der ich (in der Szene nach dem Streit mit ihm) wieder „daheim“ bin und mir das Ganze noch mal durch den Kopf gehen lasse. Also nicht mehr laut rumnölen, sondern eher die ruhigeren, leisen, verzweifelten Töne anklingen lassen. Nachdem auch das erledigt ist, werden noch ein paar Fotos von mir gemacht.
Dann fragt er mich, welche Rollen ich keinesfalls spielen möchte (mir fallen im Moment nur „Rechtsradikale“ ein) und was ich gerne mal machen würde (hier muss ich meine innerlichen Abgründe offenbaren und zugeben, dass ich gerne mal ein Mörder wäre – natürlich nur als Rolle *grins*).
Auf seine Frage, ob es auch Rollen gibt, die ich aus ethisch-moralischen Gründen ablehen würde, gucke ich erstmal leicht verstört und frage nach einem Beispiel. Peter erwähnt einen biederen, unscheinbaren Mann (das klingt jetzt schon nicht unbedingt nach mir *grins*), der aber heimlich kleine Mädchen missbraucht und Kinderpornographie betreibt.
Uffa. Mit so was hätte ich jetzt nicht gerechnet. Nach ein paar Sekunden gebe ich zu, dass das auch nix ist, was ich unbedingt haben muss.
Okay, und wie sieht es mit (angedeuteten) Sex-Szenen aus ? Also zum Beispiel (wie gesagt nur angedeutet – net nackert) Sex in einer öffentlichen Toilettenkabine (jetzt muss ich an „Der bewegte Mann“ denken und grinse innerlich schon wieder). Jupp, damit habe ich nun wieder keine Probleme. (Sollen meine Nachbarn doch denken, was sie wollen – ist ja nur Film) Peter erwähnt eine neue „Sex & Crime“-Sache, die wohl demnächst kommen soll. Und dann spricht er auch noch die Serie „Lenßen & Partner“ an ….
Auf seine Frage, wie ich denn zeitlich für die ganze Sache zur Verfügung stehe, kann ich ruhigen Gewissens antworten, dass ich momentan mehr Zeit zur Verfügung habe, als mir lieb ist.
Und damit ist das Casting denn auch beendet. Wir verabschieden uns auf dem Hof und Peter meint, dass er sich bei mir melden wird.